Lutz-Werner Hesse · Komponist


Rezensionen 2010 – 2019

„Mario“ – Kammeroper op. 46 (2004/05)

Filigran, zart und lautmalerisch sind die Szenen. Beschreibend erklingen Melodien und Akkordik in mäßig modernem Fluss. Die Freude südamerikanischer Rhythmen und der Schrecken eisiger Kälte werden von ihr erzählt. Zum Schluss verklingt die Musik in sanften, sich wiederholenden Motivkreiseln. Mario wird einen Nachfolger haben, die Freude am Singen bleibt erhalten...

Bergische Blätter 08/2010


„Gesänge von Ferne“ Konzertante Fantasie op. 64 (2010)

Jubel für die "Gesänge von Ferne" Selten wird avantgardistische Musik so bejubelt wie beim Kammerkonzert des Sinfonieorchesters Wuppertal im fast ausverkauften Mendelssohn-Saal der Stadthalle. Lutz-Werner Hesse.... erhielt ausdauernden Applaus für die Uraufführung seiner „Gesänge von Ferne“ … ist dieses abwechslungsreiche und und oft melodiöse Stück sicherlich ein erfreulicher Beitrag zur überschaubaren Literatur des Oboenquartetts.

Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 16.6.2010

Annäherungen an ein Thema von Antoine de Boësset für Kammerensemble op. 56 (2007)

Hesses Werk führte – in Erinnerung an sein musikalisches Vorbild Boësset – in zehn Sätzen von der Introduktion zum viel umjubelten Epilog. Die sieben Musiker zeigten in ihrer demonstrativen Ernsthaftigkeit viel Verständnis für (Blomenkamp und) Hesse, was die Zuhörer an der Sedanstraße mit mehr als dankbarem Beifall quittierten.

Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 30.11.2010


„The cloud-capp’d tow’rs“, Symphonisches Gedicht für Chor und Orchester op. 76

Entstanden ist ein der gemäßigten Moderne zuzuordnendes Werk, das auch wegen seiner vielen, leicht heraushörbaren tonalen Strukturen fesselte.

Westdeutsche Zeitung Wuppertal, 15. Februar 2016


Vita di San Francesco

Elf Stationen aus dem Leben des heiligen Franziskus von Assisi für Orgel und dreizehn Gongs

Wie beide Uraufführungsinterpreten durch die Weite der Kirche Anknüpfungspunkte fanden, ließ tief beeindruckte Zuhörer zurück. Hesses, mit 70 Aufführungen erfolgreichstes Werk entwickelte auch in Bremerhaven eine starke Wirkung.

Nordsee Zeitung, Bremerhaven, 16.4.2018


„Ich habe dich gewählt …“
Symphonisches Gedicht Nr. 2 op. 83

für Sprecher, Mezzosopran, Chor, Orgel und großes Orchester (2019)

… Vielmehr dient die große Instrumentenpalette zur Bildung von sensiblen, nuancenreichen, teils schlichten wie auch rhythmisch diffizilen Klangfarben, die den großen Stimmungsgehalt und die mannigfaltigen Textbilder von sechs Gedichten Else Lasker-Schülers untermalen. Viel melodisches, tonales, freitonales, dissonierendes Material kommt vor. Stimmungsreiche musikalische Spannungsbögen reichen sich die Hände. Sehr genau und intensiv hat Hesse seine Musik mit dem inneren Gehör wahrgenommen und notiert. Das sieht man der meisterhaft ausgearbeiteten Partitur an und hört es auch live. ... Nachdem der letzte Ton verklungen war, durfte der Komponist zu Recht stehende Ovationen im Großen Saal der Stadthalle entgegennehmen.

Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 16.1.2019

Hesse reflektiert 45 Minuten lang mit großem Orchester­apparat, mit Orgel, mit zwei Chören, Mezzo­sopran und Sprecher die sensible Lyrik von Else Lasker-Schüler. Bühne und Chor­podium fassten kaum die große Zahl der Musiker und Musikerinnen. Seit erst Februar 2019 arbeitete Hesse an dem gewaltigen Werk. Sechs Gedichte der Dichterin, von denen er besonders beeindruckt war und die ihm musika­lisch einen dramatur­gischen Werk­aufbau ermöglichten, hatte er für seine Komposition ausgesucht. Dabei dient das riesige Orchester vor allem der Differen­zierung des Klangs. Nur in wenigen, relativ kurzen Episoden kam die volle Laut­stärke zur Geltung. In der Ein­führung sprach der Komponist über seine Kompositions­technik und betonte, dass er keine zeit­genössische Musik, wie sie in den Wittener Tagen für Neue Musik oder in Donau­eschingen zu hören sei, im Sinn habe. Er schreibe für ein musik­interessiertes Konzert­publikum, nicht für musikalische Spezialisten. Zu seinem neuen Werk erläuterte er, dass „Mein Tanzlied“ musikalisch und dramatisch zum Höhepunkt des erregenden Werks geworden sei. Der Kompo­sition geht als Prolog der Vortrag des Gedichtes „Die Verscheuchte“ voran, bevor mit leisem Paukenwirbel die eigentliche Musik beginnt. Nach Ende des ergreifenden „Gebets“ am Schluss folgt noch ein Epilog, in dem Orchester, Chöre und Sopran abschließend den Gedich­ten nachspüren.

Mit gewohnt intensivem Vortrag, durch „bleiche Zeiten träumend“, begann Schau­spiel­intendant Thomas Braus dieses Orchester­lied des 21. Jahrhunderts. Mit wunderbarer Stimme sang Iris Marie Sojer von Blumenwegen auf dunklen Gewässern, vom Mond der durch das Blut schwimmt und phasen­weise in Zwie­sprache mit dem Chor von der Liebe. Das Orchester baut Freude, Jubel, Ekstase auf bis zu einem lange angehaltenen, gewal­tigen Orchester­akkord vollen Werks. Als die „brausende finst´re Tanzmusik“ ausbricht, als „die Seele kracht in tausend Stücken“ erfährt der Zuhörer durch die erregende Musik mit Flageolett-Glissandi, Becken und Besen im Hintergrund, Schlagwerkgeknatter, großem Blechbläsereinsatz, bewegten Streichen, mit aufwühlendem Angstgeschrei der Chöre, also unter Einsatz der gesamten musikalischen Menge und des Teufels – Thomas Braus deklamiert zum Chaos den Text- seine existentielle Bedro­hung und ahnt, dass er end­zeitlich im Kugel­glas doch nur der Bodensatz ist.

Gewaltiger Applaus für das Orchester unter Julia Jones, die nach längerer Pause mal wieder im Tal aufgetreten ist, und den Riesenapparat souverän unter Kontrolle halten konnte. Applaus natürlich für die Chöre (Opernchor der Wuppertaler Bühnen (Marcus Baisch), Kammerchor „amici del canto“ (Dennis Hansel), die bei dieser Uraufführung sicher, musi­kalisch, sauber und stimm­stark zu hören waren. Besonderer Applaus für die wunderbare Iris Marie Sojer und selbst­verständlich für den Komponisten.

Johannes Vesper in: Musenblätter, 18. Dezember 2019